Methoden der Konzepterstellung

Das integrierte Konzept setzt die Leitplanken für die spätere erfolgreiche Umsetzungsphase der energetischen Quartierssanierung. Es ist daher entscheidend, die Konzeptentwicklung nicht nur als Pflichtaufgabe und Eintrittskarte für die Umsetzungsförderung zu sehen, sondern als praxisorientierte Strategie, die neue Erkenntnisse für alle beteiligten Akteurinnen und Akteure bereithält. 

Dabei ist es relevant, dass sich das Konzept nahtlos in verwandte räumliche Konzepte rund um Stadtentwicklung und Klimaschutz einfügt und diese planvoll ergänzt. Dabei kann ein Blick auf bereits erprobte Werkzeuge und erfolgreiche Modellprojekte der Quartierssanierung helfen, das Konzept schlank, effizient und mit Blick auf die Umsetzung vor Ort zu formulieren. Schlussendlich ist ein Konzept immer auch ein Medium der Kommunikation mit den örtlichen Akteurinnen und Akteuren bzw. Zielgruppen. Die folgenden Abschnitte geben methodische Hinweise für die gezielte und passgenaue Entwicklung von energetischen Quartierskonzepten im Einklang mit den integrierten Stadtentwicklungszielen.

Qualitätsmerkmale eines Quartierskonzepts

Nach der Auswahl des Quartiers und der Klärung der mit dem Quartierskonzept verbundenen Zielsetzung bedarf es eines zielgerichteten, methodischen Vorgehens zur Erstellung des Konzepts. Ein Quartierskonzept kann dabei, unter Beachtung der Vorgaben der eventuell in Anspruch genommenen Förderrichtlinie, unterschiedliche methodische Ansätze verfolgen:
 

  • Fokus auf Analyse und vertiefenden Erkenntnisgewinn: Auch unabhängig von den methodischen Anforderungen der Fördergeberin oder des Fördergebers kann es sinnvoll sein, einen vertiefenden analytischen Blick auf das Quartier und seine räumliche, energetische und soziodemografische Ausgangssituation zu werfen, sofern dies zu den zentralen Fragestellungen der handelnden Akteurinnen und Akteure passt. Beispielsweise kann eine möglichst präzise Ermittlung der Wärmebedarfe als Grundlage für eine Nahversorgungsstrategie der örtlichen Stadtwerke ein gewinnbringender Analyseschritt sein und die spätere Umsetzung erleichtern.
     
  • Fokus auf Chancen, Potenziale und Projekte: Besonders bei repräsentativen Quartieren, für deren Gebäudetypen bereits überregionale vergleichbare energetische Analysen sowie fundierte Erfahrungen und Erkenntnisse der örtlichen Akteurinnen und Akteure vorliegen, kann sich ein schlankes Konzept mit Schwerpunkt auf Projektempfehlungen eignen. Das Konzept kann dabei auch auf wenige Projekte ausgelegt werden, die detailliert betrachtet und dann möglichst umsetzungsreif ausgearbeitet werden. Beispiele sind Einfamilienhausgebiete der 1950er bis 1970er Jahre, deren Gebäudetypen in Bezug auf Handlungsempfehlungen unter anderem durch das Institut für Wohnen und Umwelt bundesweit gut dokumentiert sind. Auf eine tiefgehende energetische Analyse kann zugunsten eines Schwerpunkts auf den praxisorientierten Handlungsempfehlungen verzichtet werden.
     
  • Fokus auf Umsetzung und die Zusammenarbeit von und mit Akteurinnen und Akteuren: Ein weiterer Schwerpunkt kann auf gemeinsam erarbeitete Strategien für die Projektorganisation, Betreibermodelle, Vernetzung und Kommunikation gelegt werden, wenn dieser Charakter des Konzepts den Kernzielen der Akteurinnen und Akteuren entspricht. Der Fokus liegt in diesem Fall weniger auf technischen und räumlichen als auf organisatorischen Handlungsempfehlungen.
     
  • Fokus auf integrierte Verzahnung unterschiedlicher Förderstrategien bereits in der Konzeptentwicklung: Zunehmend bietet die zeitgleiche Betrachtung und Analyse unterschiedlicher Realisierungsansätze und kompatibler Förderansätze Chancen für die Quartiersentwicklung. So können beispielsweise integrierte Handlungskonzepte als Grundlage für die Städtebauförderung oder Voruntersuchungen für die Ausweisung eines Sanierungsgebiets parallel zu KfW-geförderten energetischen Quartierskonzepten durchgeführt werden.
     

Je nach individuellem Erfordernis und je nach Ziel der Quartierssanierung in der Kommune können die beschriebenen methodischen Ansätze kombiniert werden. Auf Maßstabsebene der Erstellung eines Sanierungskonzeptes für eine private Immobilien unter Beachtung des Denkmalschutzes bietet die Checkliste Denkmalpflege für Einzeleigentümerinnen und Einzeleigentümer eine Hilfestellung.

Die folgenden Abschnitte geben Empfehlungen für die einzelnen Arbeitsschritte von der Analyse über die Potenzialermittlung bis hin zu den Projekten auf Quartiersebene. Grundsätzlich steht nicht der Umfang des Konzepts für dessen Qualität, sondern die Identifizierung konkreter Anknüpfungspunkte und realistischer Handlungsmöglichkeiten. 

Mittels einer bewusst für die jeweilige Aufgabe zugeschnittenen Methodik kann sichergestellt werden, dass die Inhalte eine hohe Aussagekraft und gute Orientierung für die Umsetzerinnen und Umsetzer des Konzepts aufweisen. Die erforderlichen methodischen Schritte eines beispielhaften Konzepts im Folgenden im Überblick.
 

Quartiersanalyse zur Potenzialermittlung, Gartenstadt Duisburg. Foto: Hans Blossey. © Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen NRW.

Quartiersanalyse zur Potenzialermittlung, Gartenstadt Duisburg. Foto: Hans Blossey. © Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Methodik der integrierten Konzeptentwicklung

Bei der Erstellung eines integrierten Quartierkonzepts gilt es, viele Aspekte zu betrachten, die nicht nur technische Handlungsmöglichkeiten umfassen, sondern gleichzeitig auch die stadträumlichen, baukulturellen und soziodemografischen Rahmenbedingungen berücksichtigen. 
 

Kommunale Gebäude, Flächen und Infrastruktur sollten gleichberechtigt zu privatem und privatwirtschaftlichem Bestand analysiert werden.

Im Anschluss empfiehlt es sich, sowohl kommunale als auch private Projekte gleichzeitig zu identifizieren, die sich gegenseitig positiv beeinflussen können. Erst damit ergibt sich ein vollständiges Bild als Grundlage für die Erstellung integrierter Projektempfehlungen für ein Quartier.

Die Rahmenbedingungen müssen hierbei sowohl auf Quartiersebene als auch im kleinmaßstäblichen Kontext, auf Gebäudeebene, geprüft werden. Je nach Baubestand können sich hier insbesondere auf der kleinteiligen Gebäudeebene spezifische Herausforderungen ergeben, die im Quartierskonzept aufgenommen werden sollten.
Als Beispiel ist hier der Artenschutz am Gebäude zu nennen. Je nach lokalen Gegebenheiten können in einem bestehenden Quartier eine Menge an geschützten Tierarten unbemerkt leben. Sie nutzen häufig Hohlräume an den bestehenden Gebäuden zum Schlafen, als Brutplatz oder zur Überwinterung und sind auf den menschlichen Schutz angewiesen. Veränderungen in der Bau- und Siedlungsstruktur können hier zum Verlust zahlreicher Nahrungs- und Siedlungshabitate führen. Um für die Zukunft Lebensräume zu erhalten bzw. zu schaffen, stellt unter anderem der Naturschutzbund Deutschland, kurz Nabu, umfangreiche Informationen bereit.


 

Schnittstellen zu verwandten kommunalen Strategien

Ein Quartierskonzept ist nur dann sinnvoll und zielführend, wenn es über die Quartiersauswahl hinaus den lokalen Kontext berücksichtigt. Dazu zählt auch der strategische Kontext. Häufig liegen bereits informelle und formelle städtische gesamt- oder teilräumliche Strategien, Zielsetzungen und Konzepte mit Maßnahmenprogrammen und Projektempfehlungen vor, die sowohl für die Auswahl des Quartiers als auch bei der Ausarbeitung des Konzeptes zu berücksichtigen bzw. zu beachten sind. 

Mit Blick auf die formelle Planung muss das Quartierskonzept die bestehende Bauleitplanung berücksichtigen, die vertiefende Aussagen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung treffen kann. Eine Planungshilfe, wie Aspekte des Klimaschutzes und der Klimaanpassung in der Bauleitplanung festgesetzt werden, bietet die Broschüre Klimacheck der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH Aachen).


Praxisbeispiel ISEK und energetische Quartierssanierung Bottrop Fuhlenbrock und Vonderort:

Für die Bottroper Quartiere Fuhlenbrock und Vonderort sind im Jahr 2020 Konzepte der energetischen Stadtsanierung (siehe KfW-Programm 432) im Rahmen des „InnovationCity roll out“ erarbeitet worden. Parallel dazu wurde das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept, kurz ISEK, entwickelt. Das Ziel war es, die integrierte und energetische Ausrichtung in einer Konzeptentwicklung zu kombinieren sowie Klimaschutz und nachhaltigen Stadtumbau konzeptionell zu vereinen. Das ISEK führt singulär vorhandene Konzepte der Verwaltung zusammen und zeigt in der Analyse Handlungsfelder und Chancen auf.
 

Klimaschutz und Klimaanpassung integrieren, Gründach in Bottrop. Foto: Stadt Bottrop © Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen NRW.

Klimaschutz und Klimaanpassung integrieren, Gründach in Bottrop. Foto: Stadt Bottrop. © Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Datenerhebungsbogen für integrierte Quartiersanalysen

Für die Erstellung des Konzeptes bedarf es einer hochwertigen Datengrundlage. Hierzu muss ein Datenerhebungsbogen erstellt werden, der in der Kommune zur Abfrage bei den unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren genutzt wird. In diesem Excel-basierten Tool kann auch der Datenerhebungsstand festgehalten und damit für das Controlling genutzt werden. Als Basis für die Datenanfrage wird hier das Beispiel eines Datenerhebungsbogens bereitgestellt. 

Datenerhebung als Grundlage für das Konzept.  © Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, Foto: Henk Wittinghofer.

Datenerhebung als Grundlage für das Konzept. © Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, Foto: Henk Wittinghofer.

Muster-Projektsteckbriefe

Die Projektsteckbriefe sind ein elementarer Baustein für die im Anschluss an die Konzepterstellung beginnende Umsetzungsphase. Damit das Sanierungsmanagement mit der Umsetzung der Maßnahmen beginnen kann, bedarf es einer möglichst detaillierten Beschreibung der Handlungsschritte: mögliche Verortung, beteiligte Projektpartnerinnen und Projektpartner und notwendige Rahmenbedingungen. 


Der Klimaatlas NRW:

Der Klimaatlas NRW wird vom LANUV NRW zur Verfügung gestellt.  Er enthält umfangreiche Informationen zum Klima und seiner zukünftigen Entwicklung in NRW, die Parameter können selbstständig kombiniert werden. Darüber hinaus wird u.a. vorhandenes Wissen zu Klimafolgen und der Anpassung an den Klimawandel in NRW zusammengeführt. Zusätzlich zu den Informationen zu den verschiedenen Handlungsfeldern werden relevante Parameter des jeweiligen Sektors detailliert beschrieben und in einer separaten Kartenanwendung dargestellt.


Broschüre Klimacheck der RWTH Aachen:

Der Leitfaden Klimacheck der RWTH Aachen enthält verschiedene Schritte zur Berücksichtigung des Klimaschutzes und der Klimaanpassung in der Bauleitplanung. Es werden die Schritte Klimaschutz / -anpassung in der vorbereitenden Bauleitplanung, Planungsvoraussetzungen, städtebaulicher Entwurf / Vorentwurf, Bebauungsplan / Handreichung, vertragliche Regelungen sowie die Umsetzung betrachtet. Zudem beinhaltet die Broschüre eine Checkliste für eine klimaangepasste Bauleitung.


Faktor X, Indeland:

„Faktor X“ steht für besonders klima- und ressourcenschonendes Bauen. Es bezeichnet einen ganzheitlichen Ansatz, bewährte Konzepte des energiesparenden Bauens und Sanierens hinsichtlich des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu optimieren und so um den stofflichen Ressourcenschutz zu erweitern. Mit Hilfe des Klima- und Ressourcenschutztools der Faktor X Agentur kann der Ressourcenverbrauch von Gebäuden ermittelt werden.
Das Projekt „Faktor X – Ressourcen- und Klimaeffizienz in Gewerbe- und Industriegebieten“ hat am 16. April 2021 eine der letzten Hürden auf dem Weg zur Förderung im Rahmen des StrukturprogrammPLUS genommen. Im Fokus des Faktor X-Projekts steht die Entwicklung eines Katalogs mit Maßnahmen zur Ressourceneffizienz und Klimaschutz, die nach Wirksamkeit gewichtet in ein Punktesystem überführt werden. Anhand dieses Systems können Kommunen und Investierende pragmatisch und richtungssicher klima- und ressourcenschonende Gewerbe- und Industriegebiete realisieren. Die Anwendung soll exemplarisch in zwei Gewerbegebieten in Eschweiler und Inden sowie in weiteren Kommunen erfolgen.

Projektsteckbriefe dienen der schnellen Informationserfassung. Foto: Schmidt-Domine © Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Projektsteckbriefe dienen der schnellen Informationserfassung. Foto: Schmidt-Domine © Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.